Kompensation einer Fehlstelle?

Eine Fehlstelle eines Kunstobjektes, wie z. B. bei einer Fotografie, kann nicht nur seine physische Stabilität beeinträchtigen, sondern auch entstellend wirken. Es kann sich zum Beispiel um eine Fehlstelle in der bildgebenden Schicht oder um eine weitreichendere Fehlstelle handeln, bei der der Träger fehlt. Glücklicherweise hat ein*e Restaurator*in die Möglichkeit, mit einer Fehlstelle auf verschiedene Weise umzugehen. Daher muss die Funktion einer möglichen Ergänzung gut durchdacht sein. Geht es darum, die physische Stabilität zu erhöhen? Wird die Fehlstellenergänzung wieder eine sichere und leichtere Handhabung ermöglichen? Muss auch die Ästhetik berücksichtigt werden?

Eine Fehlstellenergänzung erfordert Zeit und sorgfältige Überlegungen, da es sich um eine recht invasive restauratorische Behandlung handeln kann. Entscheidet man sich, einen Verlust zu beheben, werden Fremdmaterialien in direkten Kontakt mit dem Original gebracht. Daher sollten nur geeignete Materialien verwendet werden, die die Fotografie selbst nicht angreifen. Das bedeutet, dass die Auswahl der Materialien bestimmten Standards entsprechen und idealerweise den Photographic Activity Test (PAT) bestanden haben sollte (ein wissenschaftlicher Test, bei dem geprüft wird, ob ein Material in negativer Weise mit dem Foto interagiert). Darüber hinaus ist die Reversibilität der Maßnahme ein ebenso wichtiges Kriterium. Materialien, die derzeit als geeignet gelten, können sich in Zukunft als ungeeignet erweisen. Ein weiterer Grund ist, dass das hinzugefügte Material im Vergleich zum Objekt unterschiedlich altert und die Fehlstellenergänzung nach einiger Zeit ungewollt optisch hervorsticht.

In letzter Zeit bereiten wir im Sprengel Museum Hannover die kommende Steinitz-Ausstellung „Käte Steinitz (1889-1975). Von Hannover nach Los Angeles“, Eröffnung am 21.10.2025, vor. Aufgrund des früheren Gebrauchs und der Handhabung der Fotografien müssen einige der für die Ausstellung ausgewählten Objekte restauriert werden, um für die Objekte eine sichere Ausstellung zu gewährleisten. In einigen wenigen Fällen hat die frühere Handhabung der Silbergelatineabzüge zu Fehstellen geführt (bildgebende Schicht und Papierträger sind betroffen), was ein Problem für die Gesamtstabilität bei der Montierung in einem Passepartout darstellt. Außerdem können die Fehlstellen die Besuchenden optisch vom Bild selbst ablenken. Daher wurde die Entscheidung getroffen, eine passgenaue Fehlstellenergänzung vorzunehmen.

Aus diesem Grund wurde ein geeigneter Papierträger eingefärbt und anschließend retuschiert, um sich in das Abgebildete zu integrieren und anzupassen. Anschließend muss der Oberflächenglanz der Ergänzung mit dem des Fotos möglichst übereinstimmen, da ein unterschiedlicher Oberflächenglanz die Ergänzung optisch hervorstechen lassen kann. Daher wurde der Glanzgrad durch eine Beschichtung der eingefärbten und retuschierten Ergänzung nachgebildet. Nach dem Trocknen wird die Ergänzung so wenig wie möglich überlappend ausgeschnitten und auf dem Objekt befestigt. Daher ist die Ergänzung leicht reversibel. Bei der Auswahl der Ergänzungsmaterialien wurde außerdem die Wahrscheinlichkeit einer Interaktion mit dem Original berücksichtigt. Derart konnten die Fehlstellen in den Käte Steinitz Fotografien erfolgreich ergänzt werden und können nun in der kommenden Ausstellung sicher präsentiert werden.

Tessa Maillette de Buy Wenniger

… ist eine an der Universität Amsterdam ausgebildete Fotorestauratorin, die aktuell am Sprengel Museum Hannover als Volontärin tätig ist.

BU: Vorzustand (links) und Nachzustand (rechts) einer Fehlstellenergänzung am Silbergelatineabzug „Ohne Titel (Körbe mit Tulpenzwiebeln)“ vön Käte Steinitz, 1930 (Foto links: Herling/Herling/Werner, rechts: Tessa Maillette de Buy Wenniger)